Samstag, 18. August 2012
Was auch gesagt werden muss (Eine Entgegnung zu Günther Grass)
Was auch gesagt werden muss

Warum schwieg ich so lange Zeit
über die Verbrechen, die wir Deutschen begingen
am heiligen Volk,
geleitet und geführt
vom Unglauben und Hochmut,
der Besserwisserei
des angeblich höheren,
in Wahrheit niedrigeren Volkes ?!

Warum schwieg ich so lange,
so lange über Tatsachen,
über Fakten, über die man
nicht schweigen sollte,
nicht schweigen darf,
die wir alle verschweigen,
weil wir nicht erkennen wollen,
dass der Faschismus
auch heute noch lebt,
nicht in wenigen,
in vielen von uns.

Er versteckt und verbirgt sich,
wie ein Dämon,
der im Unsichtbaren haust
und wirken möchte.
Wir irren uns,
wenn wir glauben und denken:
Es gibt kein Auschwitz mehr.
Kein Dachau oder Treblinka,
keine Vernichtungslager.
Doch. Sie haben sich nur verwandelt
in viel kleinere Räume, Häuser
in Abtreibungspraxen,
wo die umgebracht werden,
die heute keine Stimme haben:
die ungeborenen Kinder.

Wir schweigen alle darüber.
Wir schweigen und schweigen sie
damit zu Tode.
Anstatt sie aufzunehmen
und zu lieben
fragen wir uns nicht,
was geschehen wäre,
wenn auch Maria abgetrieben hätte,
wenn auch sie für sich
und Jesus
den Weg gewählt hätte,
den so viele wählen,
in Gedanken, Worten und Werken,
den angeblich leichten und doch so schweren Weg:
den Tod.

Dann gäbe es
keine Hoffnung,
keinen Weg,
keine Auferstehung,
kein Paradies
für mich,
für dich,
für uns.
Doch sie wählte anders
als Jüdin,
als Glied eines Stammes,
der so oft verfolgt wurde
in Historie
und Gegenwart,
in der Vergangenheit
und im Jetzt,
so oft verschmäht
und verbannt.
Sie wählte anders,
die Jüdin Maria.
Sie wählte das Leben
für sich,
für Jesus,
für mich,
für dich,
für alle,
denn
Von den Juden
kommt das Heil der Welt.

ENDE

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